Tief im Norden, in der “Royal Albert Hall Schleswig-Holsteins” – der Holstenhalle in Neumünster -, tauschte der Sänger Herbert Grönemeyer sein Mikrofon gegen einen Taktstock. Im Rahmen des Schleswig-Holstein Musikfestivals dirigierte Grönemeyer am Sonnabend die Bochumer Symphoniker.

Grönemeyer dirigiert Bochumer Symphoniker - Lokalzeit Ruhr - Sendungen A-Z  - Video - Mediathek - WDR

Einen tanzenden Dirigenten hat man selten gesehen. Auch die Bochumer Symphoniker schmunzeln immer wieder über seinen breitbeinigen Stand und darüber, dass er entweder auf den Zehen wippt, oder leicht die Knie einknickt. Herbert Grönemeyer dirigiert einfach mit dem ganzen Körper. Nach dem ersten Stück, Tschaikowskys Slawischem Marsch, ballt er die Faust und sagt leise sein Grönemeyer-typisches, kurzes “Ja!”.

Das zweite Stück ist die Herbert-Grönemeyer-Suite. Arrangiert hat sie Alfred Kritzer, Grönemeyers Pianist. Es ist eine Art Collage der größten Hits mit klassischem Anstrich. Ein bisschen erinnert es an eine Hans-Zimmer-Filmkomposition. Auch Grönemeyer dirigiert jetzt anderes. Er steht näher am Pult, immer noch breitbeinig, aber ruhiger. Erst, als im dritten Satz eindeutige Phrasen vom Popsong “Mensch” zu erkennen sind, schwingt er die Hüfte dann doch wieder mit. Das Publikum ist begeistert und hat nichts anderes erwartet.

Grönemeyer hat als Dirigent alle(s) im Griff

Ganz ohne Vorkenntnisse geht Grönemeyer nicht an die Sache. Immerhin hat er zwei Semester Komposition in Köln studiert und bereits 2017 mit den Symphonikern seiner Heimatstadt Mozart auf die Bühne gebracht. Das aktuelle Programm hatte erst vor zwei Wochen in Bochum Premiere. Da zeigte er sich im Interview mit dem WDR bescheiden zu seinen Fähigkeiten als Dirigent: “Da ist schon die Frage, was kann ich da anders machen, als man es normalerweise macht. Wenn einem da am Abend zwei bis drei Sachen gelingen, bei denen man sagt, das ist jetzt mal ein bisschen anders, dann ist man schon weit gekommen. Vor diesem Orchester zu stehen und der Klang, der einem entgegenkommt, das wärmt schon das Herz.”

Herbert Grönemeyer als Dirigent in Neumünster: 5000 feiern ihn

Als in Neumünster dann Leonard-Bernstein-Award-Gewinnerin Anna Vinnitskaya zu Rachmaninows Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 c-Moll mit auf die Bühne kommt, sieht man, wie gut Herbert Grönemeyer doch alle im Griff hat. Akzentuiert und doch harmonisch führt er die rund 80 Musikerinnen und Musiker durch das 35-minütige Stück. Die mehr als 3.500 Zuschauer und Zuschauerinnen spenden tosenden Applaus. Das macht dann sogar einen der erfolgreichsten Sänger Deutschlands sprachlos.

Zum Vorab-Auftakt des SHMF-Klassikfestivals zieht der britische Rockstar die Besuchenden vor allem mit Klassikern in seinen Bann.

Kurzweilig und schön

Dem Publikum bleiben dann zum Teil die Münder offen stehen, als Grönemeyer für die Zugabe den Taktstock gegen ein Mikrofon austauscht. Das Orchester spielt “Bochum”, “Der Weg” sowie “Halt mich” und Grönemeyer singt. Es ist ein kurzweiliger und musikalisch schöner Abend. Eine Zusammenarbeit mit den Symphonikern aus Bochum kann also gern öfter zustande kommen, als alle acht Jahre.

Mehrere Menschen auf einer Bühne im Gespräch, davon links eine Frau, daneben drei Männer.